in Kürze: Was ist ein Lymphödem?

  • Bei einem Lymphödem ist die Transportkapazität des Lymphsystems eingeschränkt.
  • Durch diese mechanische Insuffizienz sammelt sich Lymphflüssigkeit im Gewebe an und führt so zum Anschwellen der betroffenen Körperregionen.
  • Lymphödeme treten überwiegend einseitig auf – mit Abstand am häufigsten am Arm oder am Bein. Kopf-Lymphödeme sind sehr selten und Lymphödeme am Rumpf im Zusammenhang mit Arm- oder Beinlymphödemen werden oft übersehen
  • Frauen erkranken häufiger an einem Lymphödem als Männer.
Weiter lesen

Eine durch Flüssigkeitseinlagerungen bedingte Schwellung des Körpergewebes wird ganz allgemein als Ödem bezeichnet. Um ein Lymphödem handelt es sich, wenn die Transportkapazität des Lymphsystems so weit eingeschränkt ist, dass sich die normale (eiweißreiche) Gewebsflüssigkeit und Lymphflüssigkeit im Gewebe ansammelt und in den Zwischenzellräumen staut.

Eine akute Schwellung, die vorübergehend auftritt, etwa bei einem Insektenstich, einer Prellung oder einem operativen Eingriff, entspricht nicht der Definition eines Lymphödems, da kein mechanischer Schaden der Lymphgefäße vorliegt. Die bei der akuten Schwellung einhergehende Entzündungsreaktion erhöht die Durchlässigkeit der Blutkapillaren, so dass mehr Flüssigkeit ins Gewebe gelangt als das Lymphsystem abtransportieren kann. Mit Abklingen der Entzündung normalisiert sich die Kapillardurchlässigkeit aber, die Lymphgefäße beseitigen den entstandenen Überschuss nach und nach und die Schwellung klingt wieder ab.

Wenn Mediziner von einem Lymphödem sprechen, meinen sie die chronische Krankheitsform, die zumeist die Arme oder die Beine, sowie den dazugehörigen Rumpfanteil betrifft. Die Anlage dazu kann angeboren sein, oder aber das Lymphödem tritt als Folge von anderen Erkrankungen auf. Früher waren diese eher durch Eingriffe, Tumore oder Bestrahlungen bedingt und traten daher überwiegend einseitig auf. Durch die ausgeprägte Zunahme des Übergewichts in unserer Gesellschaft sind aber die symmetrischen Adipositas-bedingten Bein-Lymphödeme fast häufiger geworden.

Zu einem Lymphödem kommt es, wenn die Transportkapazität des Lymphsystems nicht mehr ausreicht. Durch diese mechanische Insuffizienz sammelt sich in der betroffenen Körperregion eiweißreiche Gewebsflüssigkeit an und führt dort zu einer teigigen Schwellung, die sich im Anfangsstadium noch zurückbilden kann. Ohne entsprechende Therapie schreitet die Erkrankung im Regelfall aber immer weiter fort. Zu den möglichen Folgen gehören Schmerzen in der Entstehungsphase durch die (Haut-)Spannung, Hautveränderungen im Sinne von Verhärtung und Verfärbung der Haut, bis hin zur Schuppenbildung und eine Verhärtung (Fibrosierung) des Gewebes, welche durch Versteifung von Gelenken die Beweglichkeit stark einschränken kann. Um solche schweren Verläufe zu verhindern, sollten Lymphödeme frühzeitig erkannt und behandelt werden. Diese Diagnose kann der Hausarzt, der Onkologe (bzw. der Gynäkologe, Urologe oder Chirurg, wenn das Lymphödem nach einer Tumorbehandlung auftritt) und der Phlebologe oder Lymphologe stellen. Die Therapie erfolgt idealerweise durch einen Lymphtherapeuten. 

Wie häufig Lymphödeme auftreten, ist in Studien nicht eindeutig geklärt. Doch selbst die vorsichtigsten Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland mindestens 80.000 Menschen mit dieser meist chronischen Erkrankung leben. Zweifelsfrei Fakt ist, dass Frauen wesentlich häufiger betroffen sind als Männer. Dass die Zahl der Lymphödem-Patienten mit zunehmendem Alter wächst, gilt ebenfalls als erwiesen. Außerdem nimmt die Zahl der Lymphödeme durch Übergewicht exponentiell zu. 

in Kürze: Welche Ursachen hat ein Lymphödem und welche Formen werden unterschieden?

  • Abhängig vom Auslöser werden Lymphödeme in primäre und sekundäre Formen unterteilt.
  • Angeborene Fehlbildungen des Lymphsystems stehen hinter der primären Krankheitsform, die sich sowohl bereits im Säuglingsalter als auch erst später im Leben bemerkbar machen kann.
  • Lymphödeme können auch im Rahmen von Überwuchssyndromen und (Lymph-) Gefäßmalformationen auftreten
  • Wesentlich häufiger ist das sekundäre Lymphödem, das durch eine anderweitige Erkrankung (z.B. Übergewicht oder Tumore, Verletzungen) beziehungsweise deren Behandlung (Operation, Bestrahlung) hervorgerufen wird.
  • Hierzulande häufigste Ursache dieser erworbenen Krankheitsform waren bösartige Tumore und damit verbundene Therapien wie Bestrahlungen oder chirurgische Lymphknotenentfernung, inzwischen wird das Lymphödem durch Übergewicht sehr häufig.
Weiter lesen

Das Lymphödem lässt sich in Abhängigkeit der unterschiedlichen Entstehungsmechanismen in zwei Formen einteilen. Sie werden dann primäres und sekundäres Lymphödem genannt. Bei dem primären Lymphödem handelt es sich um eine genetisch bedingte Störung, sodass sich das Lymphsystem gar nicht erst richtig ausbildet. Das hat zur Folge, dass sich Flüssigkeit und Eiweiß im Gewebe einlagert. Am häufigsten tritt dies in den Beinen auf, es können aber alle Organe betroffen sein, wie z.B. der Darm, der gesamte Bauchraum oder die Brusthöhle.

Das klinische Erscheinungsbild und die Ausprägung des primären Lymphödems können je nach ursächlichem Gen und der spezifischen Genveränderung variieren. Man unterteilt das primäre Lymphödem in fünf Kategorien:

(1) Erkrankungen mit somatischem Mosaik und segmentaler Wachstumsstörung, bei dem sich die betroffenen Körperregionen unsymmetrisch entwickeln

(2) Lymphödeme als Bestandteil mehrerer Erkrankungen, so genannte syndromale Krankheitsbilder

(3) Erkrankungen mit systemischer Beteiligung, sprich mit Befall auch von Organen

(4) Kongenitale Lymphödeme, d.h. Lymphödem, die bereits bei Geburt oder vor Vollendung des ersten Lebensjahres aufgetreten sind

 (5) Erkrankungen, die nach dem ersten Lebensjahr auftreten (late-onset Lymphödeme).

Für das primäre Lymphödem einschließlich der jeweiligen Unterformen wird von einer Häufigkeit von 1,15:100.000 bis 1:6.000 ausgegangen, was sehr selten ist.

Weitaus die Mehrheit der Betroffenen in Deutschland leidet unter einem sekundären Lymphödem. Diese Krankheitsform ist nicht angeboren, sondern wird im Laufe des Lebens erworben. Dies ist bedingt durch eine anderweitige Erkrankung, deren Behandlung oder durch Verletzungen. In den westlichen Industrienationen war der sind bösartige Tumoren beziehungsweise deren Therapie der Hauptgrund für sekundäre Lymphödeme.

Da der Brustkrebs die in Deutschland aktuell häufigste Krebserkrankung bei Frauen ist, handelt es sich um die häufigste Tumor-bedingte Ursache für Lymphödem.

Dabei können Tumore selbst die Ursache sein für die Schwellungen: Sie können die Lymphkollektoren durch Druck von außen oder durch ein Zerstören derselben beeinträchtigen. Außerdem können Tumore Metastasen in Lymphknoten bilden und die Funktion derselben dadurch stören. Und es gibt Tumore, die direkt die Lymphknoten angreifen (Lymphome).

Weitaus häufiger ist aber das Lymphödem die Folge der Tumor-Behandlung: Durch die Operation werden die Lymphabflusswege zerstört, oft werden die Lymphknoten direkt mitentfernt beim Eingriff. Die Bestrahlung des Operationsfeldes – und oft auch der Lymphknoten in der Umgebung – kann den Lymphabfluss nachhaltig zerstören. Die Folgen in Form eines Lymphödems können bis zu 10 Jahre später auftreten.

Darüber hinaus gehören Infektionen wie die Wundrose (Erysipel) oder die durch tropische Parasiten bedingte Filariose (In Deutschland selten), sowie schwere Verletzungen mit ausgedehnter Zerstörung des Gewebes zu den möglichen Auslösern der Erkrankung.

Anders als oft angenommen, kann das Lipödem direkt kein Lymphödem verursachen, Begriffe wie Lip-Lymphödem sollten daher nicht mehr verwendet werden. Es ist oft aber das Übergewicht, welches das Lipödem begleitet und bei diesen Patientinnen zusätzlich ein Lymphödem bedingt.

Das so genannte „Phlebödem“ ist nach der Definition der Lymphödeme (Abtransportstörung) nicht als Lymphödem einzuordnen, sondern wirklich nur als Venen-bedingtes Ödem, denn es liegt kein Schaden der Lymphkollektoren vor, sondern ein Überangebot an Gewebeflüssigkeit durch nicht funktionierende Venen (Varikosis und PTS)

Bewegungsmangel kann die Entstehung von Lymphödemen begünstigen. Denn mit jeder Anspannung trägt die Muskulatur in Armen und Beinen zum Abtransport der Lymphflüssigkeit Richtung der zentralen Lymph-Kollektoren bei. Fehlt diese Unterstützung, weil eine Person sich nur wenig bewegt, wächst die Gefahr, dass sich die Lymphe im Gewebe staut. Starkes Übergewicht komprimiert die Lymphkollektoren und gilt deshalb als ein weiterer Risikofaktor für ein Lymphödem. Das Übergewicht ist inzwischen in Deutschland die häufigste Ursache für ein Lymphödem. Es hat sogar einen eigenen Namen: Adipositasbedingtes Lymphödem.

Info

In den feucht-tropischen Regionen der Erde gibt es Filarien genannte Fadenwürmer, die durch den Stich infizierter Mücken ins menschliche Blut gelangen. Die Parasiten siedeln sich in den Lymphkollektoren an, lösen dort lokale Entzündungsreaktionen aus und verstopfen diese. Dadurch entstehen in den betroffenen Körperregionen – zumeist an den Beinen, aber auch im Genitalbereich oder an den Brüsten – Lymphödeme, die gigantische Ausmaße annehmen können. Nach Schätzungen sind weltweit 100-200 Millionen Menschen mit Filarien infiziert. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO zählt die Filariose damit zu den fünf häufigsten vernachlässigten Tropenerkrankungen.

Wie äußert sich ein Lymphödem?

  • Abhängig von Schweregrad und Ausprägung der Symptome unterscheiden Ärzte vier Stadien des Lymphödems.
  • Im Anfangsstadium bildet sich das namensgebende Ödem – eine meist an Arm oder Bein auftretende teigige Schwellung – bei Hochlagerung wieder zurück.
  • Ab Stadium 2 kommt es im betroffenen Gewebe zu Umbauprozessen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können.
  • Typische Symptome solch eines fortgeschrittenen Lymphödems sind ein vermehrtes, verhärtetes Bindegewebe und eine starke Schwellung des betroffenen Körperteils mit Spannungsgefühl, Schmerzen bei Druck und Hautveränderungen.
Weiter lesen

Arme, Beine, aber auch einzelne Organe, der Kopf, Genitalien: Prinzipiell kann ein Lymphödem alle durchbluteten Körperregionen betreffen. Mit weitem Abstand am häufigsten tritt es allerdings an den Extremitäten auf. Erstes Anzeichen der Erkrankung ist eine teigige, nicht schmerzhafte Schwellung, die sich anfangs beim Hochlagern der betroffenen Extremität wieder zurückbildet. Typisch für Ödeme und damit auch für ein Lymphödem ist, dass festes Eindrücken der Haut für eine gewisse Zeit eine Delle hinterlässt.

Ein primäres Lymphödem nimmt in der Regel an den Zehen und am Fußrücken oder Knöchel seinen Anfang. Im weiteren Verlauf kann es sich zunächst auf die Unterschenkel und von dort weiter auf die Oberschenkel ausdehnen. An den Armen ist diese angeborene Krankheitsform seltener zu beobachten. Typisch ist zudem, dass primäre Lymphödeme häufig beidseits auftreten. Es können auch innere Organe betroffen sein, wie z.B. der Dünndarm. Und das Lymphödem kann Teil einer komplexen Erkrankung mit mehreren Erscheinungen (ein sogenanntes Syndrom) sein.

Das sekundäre Lymphödem hingegen betrifft bei Verletzungen, Tumoren oder nach Eingriffen und Bestrahlung nur die betroffene Seite des Körpers. Ausgehend von der Achsel- oder der Leistenregion, bzw. von der Operationsnarbe breitet es sich Richtung Körperperipherie aus. Der Arm beziehungsweise das Bein sind dann säulenartig angeschwollen, die Konturen der Gelenke verschwimmen und die natürlichen Hautfalten werden tiefer. Erstes für die Patienten spürbares Krankheitszeichen ist oft, dass sich die betroffene Extremität schwer und die Haut gespannt anfühlt.

Beim sekundären, adipositasbedingten Lymphödem sind natürlich beide Beine seitengleich betroffen. 

Bleiben die Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe und die daraus resultierende Schwellung über einen längeren Zeitraum bestehen, werden Mechanismen in Gang gesetzt, welche die Erkrankung weiter fortschreiten lassen. Das Bindegewebe reagiert und vermehrt, bzw. verhärtet sich. Diese Vorgänge heißen Fibrosierung und Sklerosierung. Diese nicht mehr ohne Therapie rückgängig zu machenden Folgeerscheinungen beeinträchtigen die Lebensqualität stark. Deshalb sollten Lymphödeme so rasch wie möglich behandelt werden. Denn eine frühzeitige und konsequente Therapie kann verhindern, dass die Erkrankung sich verschlimmert und einen schweren Verlauf nimmt.

Abhängig vom Schweregrad teilt die Internationale Gesellschaft für Lymphologie Lymphödeme in vier Stadien ein:

  • Stadium 0 – latentes (unsichtbares) Lymphödem
    Das Lymphsystem ist zwar bereits geschädigt, doch die intakten Teile können die Gewebsflüssigkeit noch in ausreichendem Maß abtransportieren. Sichtbare Krankheitszeichen gibt es deshalb nicht und abgesehen von einem gelegentlichen Schweregefühl des betroffenen Körperteils sind die Patienten auch beschwerdefrei.
  • Stadium 1 – reversibles (umkehrbares) Lymphödem
    In diesem Krankheitsstadium ist das Lymphsystem bereits soweit beeinträchtigt, dass die betroffene Körperregion sichtbar anschwillt. Die Schwellung ist weich, bei Druck mit dem Finger verbleibt dort vorübergehend eine Delle. Wird der Arm oder das Bein länger hochgelagert, z.B. über Nacht, klingt das Lymphödem wieder komplett ab. 

  • Stadium 2 – irreversibles (nicht umkehrbares) Lymphödem
    Jetzt hat sich in den geschwollenen Bereichen bereits überschüssiges Bindegewebe gebildet. Weil das Bindegewebe zudem verhärtet ist, bleiben die Dellen deutlich länger bestehen. Die betroffenen Körperteile fühlen sich schmerzhaft gespannt an, die Schwellung bildet sich beim Hochlagern nur teilweise zurück, erste Hautveränderungen treten jetzt oft zu Tage. Ab diesem Stadium handelt es sich um ein chronisches Lymphödem, welches eine dauerhafte Therapie benötigt

  • Stadium 3 – irreversibles und fibrosiertes Lymphödem
    In diesem Stadium ist der betroffene Körperteil stark geschwollen - im Extremfall bis zur Unförmigkeit. Daher gab es früher hierzulande die heute nicht mehr verwendete Bezeichnung Elefantiasis.
    Erst nach starkem Druck und nur über längere Zeit lässt sich das Gewebe eindellen, die Delle kann dann über mehrere Minuten bestehen. Das vermehrte, verhärtete Bindegewebe, die zunehmend verdickte Haut und die Schwellung schränken die Beweglichkeit ein. Die Haut ist verschwielt und derb. Sie bildet Schorfe und Furchen, die leicht einreißen. Diese Verletzungen führen fatalerweise zu Entzündungen und Erysipelen (Wundrosen), die den Lymphabfluss weiter behindern. Zudem ist die Wundheilung stark beeinträchtigt.
1 von 4
Lymphödem Stadium 0 – latentes (unsichtbares) Lymphödem
2 von 4
Lymphödem Stadium 1 – reversibles (umkehrbares) Lymphödem
3 von 4
Lymphödem Stadium 2 – irreversibles (nicht umkehrbares) Lymphödem
4 von 4
Lymphödem Stadium 3 – irreversibles und fibrosiertes Lymphödem

Wie wird ein Lymphödem festgestellt?

  • Die Schilderung der Krankengeschichte und eine ausführliche körperliche Untersuchung liefern dem Arzt im Regelfall bereits die entscheidenden Hinweise auf ein Lymphödem.
  • Um die Erkrankung von anderweitig bedingten Ödemen abzugrenzen, können Verfahren wie Ultraschall und spezielle Tests bei der körperlichen Untersuchung eingesetzt werden.
  • Zur Klärung möglicher Ursachen sind bei Verdacht auf ein sekundäres Lymphödem manchmal weitere Untersuchungen wie eine Computertomografie erforderlich.
Weiter lesen

Zu Beginn der Diagnostik steht immer ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten. Dabei fragt der Arzt nach den vorliegenden Beschwerden, deren zeitlichem Verlauf und ob sich die Schwellung beim Schlafen wieder zurückbildet. Zudem erkundigt er sich nach Vorerkrankungen beziehungsweise Behandlungsmaßnahmen, die ein sekundäres Lymphödem bedingen können z.B. der chirurgischen Entfernung der Achsel-Lymphknoten in Zusammenhang mit einer Brustkrebstherapie. Ob andere Familienmitglieder mit ähnlichen Symptomen zu kämpfen haben, gehört ebenfalls zu dieser als Anamnese bezeichneten Erhebung der Krankengeschichte. Daher ist es hilfreich, wenn die Betroffenen zum Arzt-Termin Ihre gesammelte Vorgeschichte, besonders Berichte über Operationen oder Bestrahlungen, mitnehmen. 

Als nächster und für die Diagnosestellung oft schon entscheidender Schritt folgt eine körperliche Untersuchung. Dabei schaut der Arzt seinen Patienten zunächst genau an, beurteilt die Verteilung und das Ausmaß der Schwellung und achtet zudem auf Hautveränderungen. Anschließend tastet er das Ödem ab, prüft mit den Fingern dessen Konsistenz und testet, ob beim Drücken eine Delle verbleibt. Am wichtigsten ist die Betrachtung der Füße beim Beinlymphödem, insbesondere der Zehen („Kastenzehen oder Stemmer-Zeichen“). Hierzu gehört der sogenannte Hautfaltentest: Kann an der Oberseite der Zehen beziehungsweise der Finger die Haut nicht zu einer Falte angehoben werden, ist der Stemmer-Test positiv und weist damit stark auf ein Lymphödem hin. Umgekehrt schließt ein negatives Stemmer-Zeichen die Erkrankung aber nicht aus.

Diese Untersuchung umfasst auch die der geschwollenen Körperregion angrenzenden Lymphknoten, die auf Größe, Druckschmerzhaftigkeit und Verschieblichkeit beurteilt werden.

Zur Unterscheidung der Krankheitsformen ist der Seitenvergleich wichtig. Sekundäre Lymphödeme nach einem Eingriff treten in der Regel einseitig auf, sind also auf den Arm oder das Bein mit der zugehörigen Rumpfpartie begrenzt. Ein primäres Lymphödem hingegen erstreckt sich oftmals auf beide Körperhälften und die Schwellung kann ausgeprägter auftreten als bei der sekundären Form. Daneben zeigt sich bei einigen Betroffenen mit angeborenem Lymphödem zudem auch eine Beteiligung von weiteren Organen.

Allerdings können Ödeme auch im Zusammenhang mit verschiedenen anderen Ursachen auftreten – besonders häufig bei Einnahme von den Blutdruck senkenden Medikamenten oder auch von Parkinsonmedikamenten, sowie bedingt durch eine Herzschwäche, eine Funktionsstörung der Niere oder der Leber, sowie auch bei ausgeprägter Venenerkrankung. Zur Abgrenzung dient bei der Untersuchung das Stemmer-Zeichen, daneben die Anamnese, die Sichtung der Medikamente und der Vorbefunde, weitere Diagnosemethoden wie eine Ultraschalluntersuchung des Venensystems oder der Lymphknoten und eine Vorstellung beim Urologen (Prostata) oder Frauenarzt (Brust, innere Geschlechtsorgane). Infektionen, die Ödeme auslösen können sollten ebenfalls abgeklärt werden (z.B. Borreliose).

Hat sich nach Anamnese und körperlicher Untersuchung der Verdacht auf ein sekundäres Lymphödem erhärtet, sollten immer die Ursachen abgeklärt werden – insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Krebserkrankung. Das kann weitere Untersuchungen wie Bluttest, Computertomografie oder Magnetresonanztomografie erforderlich machen. 

Bei der sehr selten notwendigen Lymphszintigrafie bekommt der Patient eine schwach radioaktive Substanz gespritzt, die ausschließlich über die Lymphe abtransportiert wird. Dieser Abtransport lässt sich bildlich darstellen, so dass der Arzt die Funktion des Lymphsystems direkt beurteilen kann. Diese nuklearmedizinische Untersuchungsmethode ist allerdings aufwändig. Sie geht mit einer Strahlenbelastung einher und ist bei der Diagnostik von Lymphödemen nur in Ausnahmefällen notwendig, etwa um eine operative Therapie zu planen.

Besteht der Verdacht auf Vorliegen eines primären, d.h. angeborenen Lymphödems, so wird eine molekulargenetische Abklärung der Ursache empfohlen.

Wie wird ein Lymphödem behandelt?

Die optimale Therapie einer Erkrankung ist die Beseitigung der Ursache. Dies geht leider bei den angeborenen Lymphödemen nicht, bei den Folgen nach Operation oder Bestrahlung ist die Ursache auch nicht mehr zu ändern. Lediglich bei den Adipositas-bedingten Lymphödemen kann durch Gewichtsreduktion die Ursache beeinflusst werden und das Lymphödem wieder vollständig zum Verschwinden gebracht werden. 

Die Therapie des Lymphödems wird im Kapitel komplexe Physikalische Entstauung ausführlich beschrieben.

Info

Chirurgische Maßnahmen wie ein Lymphknotentransfer oder ein Lymphgefäßbypass spielen in der Therapie nur eine sehr kleine Rolle. Solche in spezialisierten Einrichtungen durchgeführten Eingriffe werden nur bei sehr schwer betroffenen Patienten erwogen – und auch dann erst, wenn alle anderen Behandlungsmethoden keine ausreichende Linderung der Beschwerden mehr bringen. Bei ausgeprägten, weit fortgeschrittenen Lymphödemen kann es manchmal sinnvoll sein, das betroffene Gewebe operativ zu verkleinern.

Wie verläuft ein Lymphödem?

Ein akutes Ödem (Schwellung nach Verletzung) kann durch Maßnahmen wie Kompression und ggf. manuelle Lymphdrainage schnell „geheilt“ werden, beim Lymphödem – einem Ausfall oder Einschränkung der Funktion der Transportwege der Lymphe – ist eine Lösung des verursachenden Problems meist nicht nötig, mit der Ausnahme des Adipositas bedingten Lymphödems. Die ursächliche Therapie ist hier die Gewichtsreduktion.

Das heißt, die Betroffenen mit einem Lymphödem haben ein chronisches Leiden, welches dazu tendiert, sich im Laufe der Zeit zu verschlimmern und deshalb lebenslang konsequent behandelt werden muss.

Je früher die Therapie beginnt, desto besser. Nur im Anfangsstadium lassen sich die Folgeerscheinungen wie ein bleibender Umbau des Bindegewebes verhindern. Sind Lymphödeme erst einmal in das irreversible Stadium 2 übergegangen, wird es deutlich länger dauern, bis das Gewebe wieder weicher wird. Die Behandlungserfolge verschlechtern sich dementsprechend. Mit der komplexen physikalischen Entstauungstherapie gelingt es aber bei allen Patienten auch dann noch, ihre Beschwerden abzumildern und das weitere Fortschreiten der Erkrankung zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen. 

Unabhängig von Form und Stadium sollten Lymphödeme immer von einem entsprechend qualifizierten Lymphtherapeuten behandelt werden. Damit die Krankenkassen die Verordnung der dauerhaften manuellen Lymphdrainage (MLD) durch die Hausärzte anerkennen, hilft es, wenn ein Facharzt die (lebenslange) Diagnose bestätigt. 

Seite teilen

https://www.phlebology.de/patienten/venenkrankheiten/lymphoedem/